AJ: Sie sind in England geboren, nicht wahr?
Ja, im Nordosten von England, in Middlesbrough, einer Stadt, die von Schwerindustrie geprägt ist. Es gab dort Kohle und Stahl. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie. Meine Mutter hatte immer zwei Jobs gleichzeitig. Deshalb hat meine Großmutter auf mich aufgepasst, als ich klein war. In unserer Nachbarschaft gab es einen Club der YMCA und darin eine Judo-Schule. Sobald ich etwas größer war meldete meine Mutter mich dort an, damit sie mehr Zeit zum Arbeiten hatte. Das war mein erster Kontakt mit den Kampfkünsten. Mit sechs Jahren habe ich dort mit dem Judo begonnen, bei einem Gentleman namens Mr James William Jackson. Ich kannte ihn nur als Sensei", doch meine Eltern nannten ihn “Mr Jackson”. Schon sehr bald konnte ich eine Verbindung [mit den Kampfkünsten] aufnehmen. Ich kann es gar nicht richtig erklären, aber die Kampfkünste waren für mich sehr interessant, schon als kleiner Junge; mit den Leuten zu kämpfen, zu ringen, es war recht kämpferisch. Kampf mit sich selbst, aber auch mit anderen. Man konnte Spaß haben und die Gegner lächelten dabei. Auch wenn man in Wirklichkeit gelernt und studiert hat. Das waren meine ersten Schritte in den Kampfkünsten, im Judo.
Das habe ich für drei Jahre bis zum Grüngurt gemacht. Mein Lehrer war ein Schüler von Kenchiro Abbe, der das Kyushindo gegründet hat, als 8. Dan im Judo verstarb und der von Kano-sensei nach England geschickt worden war, um die British Judo Association zu gründen. Er [Mr Jackson] war zu der Zeit ein 6. Dan im Judo, ein 4. Dan im Karate und er sagte ein 6. Dan im Aikido, was damals eine Seltenheit war.
Etwa 1974. Als ich neun Jahre alt war, lud er mich zum Karate-Unterricht ein. Ich musste dann feststellen, dass viele meiner Judo-Freunde auch Karate-übten. Wir übten dort Shutokai-Karate, eine Form ähnlich dem Shotokan. In der Gruppe waren hauptsächlich Kinder, kaum Erwachsene. Wir haben mit Sai geübt, Tonfa, Nunchaku, Shuriken, Jo, Bo, allen Kobudo- Waffen. Manchmal hat er uns am Samstag morgen mit Shuriken beworfen. Wir standen dann einzeln vor einem Brett und sollten die Wurfsterne mit einem Jo abwehren. Etwa ein Jahr später sollte ich dann zu einer Aikido-Stunde gehen … in einer Universität, wo er Mittwochs abends unterrichtete. Dort fand zuerst eine Judo-Stunde für Fortgeschrittene statt und danach dann Aikido. Und ich war erstaunt über einige der Schwergewichte in der Judo- Gruppe, doch ich bin gut zurechtgekommen. Ich war zu der Zeit Braungurt. Anschließend war dann meine erste Aikido-Stunde. Da war ich neun Jahre alt. Das Rollen war kein Problem, aber ich fand es irgendwie seltsam, denn zu der Zeit unterrichtete mein Lehrer nur Kata, es wurden keine Techniken gezeigt. Man musste erst Kata lernen. Nach einigen Nachforschungen fand ich heraus, dass Mr. Jackson drei Jahre lang in Paris gelebt hatte und dort Schüler von Minoru Mochizuki-sensei und Nakazono-sensei gewesen war.
AJ: Das muss um 1955 gewesen sein.
Ich habe irgendwo ein Video auf dem ich Aikido übe. Ein Freund von mir, der heute auch ein 7. Dan ist, Mr. Philip Smith aus Birmingham, hat es gesehen und sagte: “Das ist der Stil von Noro- Sensei.” Ein Stil, der sich durch ausladende Bewegungen auszeichnet. Ich habe mit dem Aikido weiter gemacht, aber eher als Hobby, um die Pausen zwischen dem Judo- und Karate-Training zu füllen, das ich fünfmal in der Woche übte. Mit dem regelmäßigen Aikido-Training übte ich dann also sechs Tage in der Woche.
An einem Samstag morgen ging ich zum Judo. Ich war 19. Ich hatte einen Gelbgurt im Aikido. Und er warf mir einen Schwarzen Gürtel zu. “Wofür ist das?” Ich war drauf und dran meinen Braunen Gürtel abzunehmen. Es gab damals keine formalen Prüfungen im Judo. Wir haben das Randori gemacht und so etwas. Er sagte: “Oh, das ist für Aikido.” Das hat mich umgehauen. Ich habe in diesem Stadium meinen Schwarzen Gürtel bekommen. Ich hatte das Gefühl ich schummle. Ich weiß nicht, warum es so seltsam war. Aikido zog mich magnetisch an, doch ich hatte nicht das Gefühl, dass ich es zu meiner Leidenschaft machen könnte. Zu der Zeit war Judo meine Liebe.
AJ: Sie sind jetzt 50?
Dieses Jahr werde ich 51 und ich übe seit 45 Jahren die Kampfkünste.
Mein Lehrer verstarb im Alter von 54 Jahren, also ziemlich jung. Ich war Shodan im Aikido, Nidan im Judo, Nidan im Karate; alles bei ihm, alles nur innerhalb unseres Clubs. Es war eine private Angelegenheit. Alle Erwachsenen wollten das Training beenden. Aber ich wollte das nicht. Also wollte ich - selbst erst 21 Jahre alt - den Club führen. Das war schwierig, da die meisten meiner Schüler älter waren als ich. Aber ich war ratlos, denn mein Lehrer war während seiner ganzen Karriere unabhängig gewesen, was zu diesem Zeitpunkt auch meine gesamte Karriere umfasste. Ich dachte also: “Was soll ich nur tun?” Ich stieß in einer Zeitschrift namens “Combat”, die es damals gab, auf eine Anzeige für das 3. Internationale UKA Sommer- Camp. In der kleinen Anzeige war ein Bild von Mr. William Smith, der zu der Zeit Shidoin, ein 5. Dan war. Und da war auch T.K.A. Chiba, 7. Dan. Ich war noch nie einem Shihan begegnet oder auch nur einem japanischen Lehrer.
Ich beschloss an meinem ersten Sommer-Camp teilzunehmen, das war 1988 in der Universität von Aston in Birmingham. Ich betrat den Eingangsbereich und bin gleich herzlich begrüßt worden. Ich erinnere mich an den Vorsitzenden, Mr. Allan Roberts, der mich begrüßte: “Ich möchte sie gerne Mr. Smith vorstellen.” Er sprach mit Mr. Smith und ich erzählte Mr. Smith meine kleine Geschichte. Er sagte dann: “Ich möchte sie gerne Chiba vorstellen.” Mr. Chiba kam am Samstag abend an und ich sprach dann Sonntag morgen mit Chiba.
Ich erzählte Chiba meine Geschichte und von Mr. Jackson. Das war das erste Mal, dass ich mich “vollständig” fühlte. Ich war immer etwas besorgt gewesen, wegen der Vorgeschichte meines Lehrers. Doch er sagte: “Ach, ich erinnere mich an Mr. Jackson aus Middlesbrough! Er war einer der Organisatoren, die mich in die Gegend von Newcastle holten.” Dann erzählte er mir eine Geschichte über ein Seminar in Sunderland. Er sagte: “Das werde ich niemals vergessen! Während des Unterrichts fiel das Blechdach herab und fiel auf die Matte! Diese Geschihte werde ich niemals vergessen.” Er sagte: “Middlesbrough? I call it miserabrough (unübersetzbares Wortspiel mit miserable (furchtbar))”, wegen des dunkelen, grauen und düsteren Wetters. Er hasste das kalte Wetter.
Ich habe mich dann beim Aikido verletzt. Ich übte mit einem anderen Schüler, der jetzt mein sehr enger Freund ist, Joe Curran, er ist jetzt auch ein 7. Dan Shihan im Birankai-Honbu. Ich machte Shiho-nage und griff mich am Kragen und zog mich rückwärts. Als ich fiel, habe ich mir das Knie ausgekugelt. Ich wurde zu Chiba-sensei getragen und er behandelte mich mit Moxubustion.
Er sagte mir: “OK, morgen kannst du trainieren, aber darfst nicht abknien.” Ich war überrascht, dass ich am nächsten Tag überhaupt gehen konnte.
Ich bin dann der UKA beigetreten und meine Augen sind förmlich explodiert als ich Chibas Aikido sah. Chiba-senseis Aikido war völlig anders als das Aikido, das ich bisher geübt hatte: die Kraft, die Dynamik war so unglaublich. Ich folgte ihm überallhin, wenn er nach England kam. 1991 sprach ich ihn an und fragte, ob ich ihn in San Diego besuchen könne. Er sagte: “Ja, sicher, kein Problem.” Ich habe also begonnen 5000/6000 Pfund zu sparen. Ich kaufte mir ein Ticket für Hin- und Rückflug nach sechs Monaten. Ich erinnere mich, dass Marc Undessa mich am Flughafen abholte und zu dem Dojo in der Fairmont Avenue brachte. Er brachte mich in die Küche. Chiba-sensei erwartete mich dort: “Ich habe für uns etwas zu essen vorbereitet.” Wir aßen ein Gemüse-Curry-Gericht. Damals fühlte es sich für mich an, als wäre ich in Mekka angekommen. Ich lebte für etwa zwei oder drei Wochen im Dojo mit einem Freund von mir, der am nächsten Tag aus Schottland angekommen war. Aber im Dojo zu leben war zuviel. Wir beide und zwei Damen mieteten eine kleine Wohnung mit zwei Schlafzimmern in der Nähe des Dojos und pendelten zum Dojo. Mein Freund Allen blieb nur für zwei Monate und dann wurde es ein Problem die Wohnung zu halten.
Sensei sagte: “Möchtest du an unserem Uchi-Deshi-Programm teilnehmen?” Ich antwortete: “Ich habe keine Ahnung, was das ist.” Er gab mir eine Broschüre mit allen Informationen über das Uchi-Deshi-Programm. Damals kostete es $500 im Monat, $100 für das Training und $400 für die Unterkunft und die Verpflegung durch Mrs. Chiba von Dienstag bis Freitag. Von Samstag bis Montag musste man sich selbst versorgen. Es gab im Dojo allerdings eine Ausgangssperre. Nach 11.00h durfte man das Dojo abends nicht mehr verlassen, es sei denn mit besonderer Erlaubnis. Ich war damals 26 und ich fand das ziemlich seltsam. Ich sagte zu, doch sagte dann zu Sensei: “Ich war eigentlich nur für die Ferien gekommen und jetzt ist mein Geld alle.” Er sagte: “Kein Problem, wir geben dir ein Stipendium. Du kannst das Geld später zurückzahlen.” Das war’s. Ich nahm am Uchi-Deshi-Programm teil, doch ich lebte als Einziger im Dojo.
Im Dojo zu leben war hart. Es wurde erwartet, dass man an allen Unterrichtsstunden teilnahm und die Stunde am Morgen musste ich unterrichten. Ich war zu der Zeit Sandan. Ich habe dort auch eine Prüfung abgelegt, zum Fuku-shidoin, in Berkeley bei Chiba-Sensei und Shibata- Sensei, aber ich fand es weiterhin schwierig mich an das Wetter zu gewöhnen, ich kam ja aus dem Nordosten von England. Dort war es warm und alle die jungen Leute waren Fitness- Fanatiker und stark. Ich brauchte drei Monate, um mich auf der Matte behaupten zu können, auch mit meinem Aikido-Stil. Ich blieb dann für drei Jahre und lebte im Dojo.
Ich habe ein paar interessante Geschichten erlebt, auf der Matte und außerhalb. Ich begriff, dass viele der kalifornischen Schüler nicht zu schätzen wussten, welchen Schatz sie dort in ihrem Lehrer hatten. Er war hart, er war unbestreitbar ein harter Lehrer. Im Sinne von streng. Er konnte auch physisch hart sein. Er wollte unbedingt, dass man ihn verstand, seine Lehre aufnahm. Das war seine Leidenschaft. Darum neigte er auch zum Jähzorn. Er wollte, dass Aikido rein blieb. Es liegt mir fern andere Aikido-Stile zu kritisieren, aber ich beobachte, dass Aikido verwässert wird. Es gibt heute kaum noch Suwari-waza, obwohl es so fundamental ist. Es ist eine der besten Möglichkeiten, um zu lernen das Zentrum einzusetzem. Selbst wenn man nur einen Suwari-waza Ikkyo zu Beginn der Stunde übt. Wenn man nur eine Technik in einer Stunde übt, muss es diese sein. Ich habe auch Probleme mit dem Knie nach so langer Zeit mit den Kampfkünsten. Mir geht es noch relativ gut; viele meiner Kollegen haben künstliche Knie und Hüften. Ich kann froh sein, dass ich noch meine eigenen Arme und Beine habe, doch ich habe natürlich auch das eine oder andere Problem. Ich liebe Suwari-waza. Ich halte es für notwendig, es ist für mich eine der Grundlagen des Aikido. Wenn man eine Technik nicht auf den Knien ausführen kann, dann wird man es auch nicht im Stand korrekt können. Was könnte statischer sein, als die Arbeit aus dem Kniesitz? Man erkennt es sofort, wenn Leute nicht Suwari-waza üben: Wenn sie sich bewegen, sieht man das Unwohlsein, sie bewegen sich wie ein Fisch auf dem Trocknen.
Ich hatte mich schon vor Chiba-senseis Tod von ihm getrennt, wegen all des Streits mit den anderen älteren Lehrern. Ich habe alleine in meinem Dojo gearbeitet und in einem Dojo in das mich ein Freund eingeladen hatte, in dem ich nun immer noch aktiv bin. Ich habe versucht mit den Leuten in anderen Dojos zu kooperieren. Das war schwierig wegen der unterschiedlichen Stile. Eine Zeit lang war ich ziellos, lebte aber noch in Frankreich. Was sollte ich tun? Ich besuchte die Sommercamps in England mit den Schülern von Chiba, die den gleichen Stil übten wie ich. Der dortige Aikido-Stil kam meinem eigenen am nächsten, weil auch sie sich auch in England etwa zur gleichen Zeit von Chiba getrennt hatten. Bei dem nächsten Sommercamp traf ich nun Kobayashi-sensei und ich dachte: “Wow, ein klein wenig erinnert er mich an Chiba.” Die Dynamik, die Detailversessenheit, auf die er Wert legt. Ich spürte, dass ich einen neuen Lehrer gefunden hatte. Seine Fußarbeit war sehr sauber, sein Tai-sabaki, sein Ashisabaki. Das war ungefähr 2006, als ich nach England zurückkehrte.
Ich habe mich mit Kobayashi in Verbindung gesetzt und folgte ihm dann ab 2008 durch ganz Europa.
2008 sprach mich dann einer meiner Schüler an, der gerade seinen Shodan bekommen hatte: “Sensei, wollen Sie vielleicht einmal nach Japan reisen?” Ich antwortete: “Ich bin noch nie dort gewesen.” Ich hatte war Schüler von Chiba-sensei in San Diego gewesen und dachte mir dann, wer mit Chiba-sensei trainiert hat, der kann überall trainieren. Ich ging also 2008 nach Japan mit einem Schüler von mir, Pierre Anthony, einem Arzt, und einem weiteren meiner Freunde, Dave Cope, einem Iren, der in Strassburg lebt. Wir waren für 10 Tage in Japan. Wir trafen Kobayashi Sugawara und Miyamoto, den ich sehr schätze. Wir waren gerade in Musudas Unterricht, als uns einer der Schüler von Miyamoto ansprach: “Sensei ist gerade aus Frankreich zurückgekommen. Würden Sie vielleicht heute mit uns einen Trinken gehen?” Also trafen wir Miyamoto.
Mein erster Besuch in Japan war fantastisch, 2013 sind wir wieder gefahren. Es war auch eine Verpflichtung, ich der Gruppe der älteren Lehrer der UKA in England angehörte, dies von allen Lehrern forderte. Alle waren aufgefordert mindestens alle drei Jahre Honbu-Dojo zu besuchen, aber ich bin der einzige in der Gruppe, der es fertig gebracht hat. Diese Gruppe nannte sich Kensenkai. Selbst Chiba-sensei hatte bei der Gründung des Birankai gesagt, dass man den Ursprung unterstützen muss und das ist das Honbu-Dojo.
Aber um auf Kobayashi zurückzukommen: Als ich ihm 2011 in Bulgarien begegnete war er schockiert mich zu sehen. Er lud mich in sein Zimmer ein, um dort etwas zu trinken. Er sagte: “Ich kann nicht dein Lehrer sein, aber wir können Freunde sein.” Seit dem sind wir befreundet. Wenn ich nach Japan komme, dann gehen wir immer ins Obergeschoss und dort unterrichte ich dann Waffen. Er ist jetzt einer meiner engsten Freunde. Darum kommt er auch nach Frankreich.
Ich verstehe die französische Mentalität nicht, wenn es um das Aikido geht. Es ist alles sehr abgeschlossen. In Frankreich trainieren mehr Menschen Aikido als sonstwo in der Welt, aber wenn sie die Möglichkeit haben bei einem japanischen Lehrer zu trainieren, dann kommen sie nicht. Die Teilnahmerzahl an unseren Lehrgängen ist wirklich schockierend gering. Ich habe gehört, dass es im Elsass alleine 2500 Aikidoka gibt, das ist viel für eine so kleine Region. Doch dann kamen nur ein paar von meinen Schülern, dann sieben aus dem Elsass, was wenige sind. Wir organisieren unsere Lehrgänge immer so, dass zwei Wochen vorher und nachher keine anderen Lehrgänge stattfinden. Ich hatte einen anderen hochrangigen Lehrer in Frankreich besucht, als er einen Seminar im Elsass gab, einen 7. Dan Shihan, und er kennt Kobayashi gut. Ich lud ihn zu dem Seminar ein.
Und seine Antwort schockierte mich. Er sagte, wir hätten schon zu viele japanische Gastlehrer in Frankreich. Ich kenne nur zwei oder drei. Seki-sensei hat hier seine eigene Organisation. Kobayashi lade ich ein. Dann ist da noch diese Dame vom Hombu-dojo, ich meine nicht Okamoto-sensei, sondern die Dame vom Internationalen Büro des Honbu-dojo. Sie wird vom FFAB eingeladen. Sie ist eine enge Freundin von Madama Tamura. Und Miyamoto kommt einmal im Jahr, abwechselnd nach Lyon und in den Süden von Frankreich. Vier japanische Lehrer.
AJ: Ich habe Chiba einmal in Südfrankreich getroffen, um ihn zu interviewen. Doch er hat abgelehnt, obwohl er immer so viel redete.
Er mochte es noch nie interviewt zu werden, doch wenn er erst einmal zu reden beginnt, dann ist es immer interessant. Ich weiß nicht, ob Sie jemals einen seiner Artikel gelesen haben. Ich erinnere mich, dass es in der Küche im alten Dojo in der Küche einen großen Tisch gab. Es standen Bänke auf beiden Seiten und am Kopfende saß Sensei immer. Es konnten leicht 30 Leute am Tisch Platz nehmen. Er sagte mal etwas zu Mitsuko, seiner Frau, auf Japanisch. Sie holte dann Photo-Alben und er zeigte uns Bilder aus seiner Schulzeit. Er sagte: “Ich habe die Schule gehasst; ich erinnere mich, wie ich aus der Schule hinauslief, zu Hause meine Schultasche fortwarf, um zum Schwimmen zu gehen.” Er liebte solche Sachen. Er sagte: “Ich war niemals sehr gebildet.” [Doch das kann man kaum glauben], wenn man seine niveauvollen Vorträge nachliest. Ich kenne nur ein einziges Interview mit ihm. Ich glaube, es ist auf Youtube. Er wird dort nach der Zukunft des Aikido gefragt und spricht über die jungen Lehrer; darüber, dass man sie schützen und hegen muss. Das Interview wurde von einer Dame namens Dianne Drake geführt, einer Amerikanerin, die nun - nach seinem Tod - sein Dojo führt. Es gibt so viel zu erzählen.
1996 kehrte ich aus Amerika zurück. Mein erstes Vollzeit-Dojo gründete ich 1997 in Middlesbrough. Sensei kam 1998 zu dessen Eröffnung, gleich nach dem Sommercamp; dort erwarb ich den 4. Dan. Er hat gesagt: “Warum eröffnest du ein Dojo in Middlesbrough? Hier ist doch keiner!” “Naja, das hier ist meine Heimat. Was erwartest du von mir?” Ich hatte ein kleines Haus gekauft. Ich hatte dann mit Chiba-sensei und einer Dame namens Dee Chen gesprochen, die das Shimeikan in London leitete. Sie fragte mich, on ich mich ihnen anschließen würde. Sensei fragte mich dann, ob ich bereit wäre nach London zu ziehen und das Kenshusei-Programm zu leiten. Ich antwortete: “Ja, würde ich, wenn du es wünschst.” Das war’s dann. Ich ging nach Hause und fragte im Dojo, wer es führen wollen würde. Einer der jüngeren Lehrer stimmte zu. Ich verkaufte das Haus, brachte das Geld zur Bank. Ich ging nach London. Dort lebte ich im Haus eines Paares, die beide Aikido übten: Gary und Linda Stratmann. Ich lebte im Obergeschoss eines dreigeschossigen Hauses. Ich bekam nun ein richtiges Gehalt für den Aikido-Unterricht, zum ersten Mal - dafür, dass ich Chiba-senseis Dojo leitete.
Dort waren so viele interessante Menschen. Jeder, den Sensei jemals einlud, kam ins Shimeikan-Dojo, auch die japanischen Lehrer. Ich reiste nach Frankreich, um bei Lehrgängen zu unterrichten. Ich besuchte auch Kasachstan, Deutschland und natürlich die USA, dann Griechenland und Spanien, ich war viel unterwegs, doch jedesmal wenn Sensei nach England kam, begleitete ich ihn. Das ist zwar anstrengend, doch auch sehr dankbar. Sensei und ich hatten Streit, woraufhin ich das Shimeikan verließ.
Ich habe dann ein kleines Dojo mit einem Kollegen von mir eröffnet, Ismail Hassan, der auch ein Ex-Schüler von Chiba-sensei ist. Das Dojo lief gerade für sechs Monate, als Gabriel Valibouze mich ansprach und fragte: “Was ist da los zwischen dir und Sensei?” “Ach, wir sind uns nicht einig. Ich kann es nicht mehr ertragen, ich mache da nicht mehr mit. Wenn er will, dass ich das Dojo leite, soll er es mich auch leiten lassen.” Einige Wochen später fragte Gabriel mich dann, ob ich Interesse daran hätte nach Frankreich zu ziehen und in einer von Senseis Schulen zu unterrichten. Ich sagte zu und zog 2001 nach Strassburg. Ich habe in Strasbourg Lehrgänge ausgerichtet und lebte dort in einem Untergeschoss, das ich als meine Wohnung einrichtete. Ich unterrichtete 35 Stunden in der Woche, erhielt kein Gehalt und musste deshalb allerlei Arbeiten rund um das Dojo verrichten. Ich habe mich in gewisser Weise wieder wie ein Uchi- Deshi gefühlt.
Ich weiß nicht mehr genau in welchem Jahr, aber Sensei hat einen leichten Schlaganfall gehabt, ich glaube es war in Labaroche. Ich war zu der Zeit in England und erhielt den Anruf: “Sensei hatte einen Schlaganfall.” Die Ärzte hatten ihm gesagt, er könne nicht fliegen. “Warum habt ihr mich angerufen?” “Er will dich sprechen, hier in London.” Er flog dann nach London und zwei Tage später flog er dann zurück nach San Diego, ohne mich vorher gesprochen zu haben. In Straßburg bekam ich dann einen Brief von ihm in dem er mich bat nach San Diego zu kommen. Er wollte eine Auszeit nehmen. Ich sagte: “Was soll ich tun?” Er sagte: “Ich will, dass du für sechs Monate oder zwei Jahre hierher kommst und in meinem Dojo unterrichtest.” Ich sagte: “OK, aber Sensei, ich lebe nicht mehr allein.” Zu der Zeit umwarb ich eine französische Dame. “Im Juli komme ich nach Frankreich, dort kannst du mir sie vorstellen.”
Wir sind also nach Südfrankreich gefahren, um Sensei meine Partnerin Sandrinevorzustellen. Seine erster Kommentar war: “Es freut mich Sie kennenzulernen. Sie sind also die Dame, die auf meinen Lausbuben aufpasst.” Ich lachte. Danach kehrte er nach Amerika zurück. Nach seiner Rückkehr schrieb er mir einen liebenswürdigen Brief, ich habe ihn aufbewahrt. “Es war schön dich zu treffen. Ich freue mich sehr über dein Glück.” Und dann tat er so, als hätte ich darum gebeten, nach Amerika kommen zu dürfen. Er schrieb: “Ich habe über deinen Vorschlag nachgedacht, mit deiner Frau” - er nannte sie meine Ehefrau - “nach Amerika zu kommen und ich halte ihn für inakzeptabel.” Er schrieb weiter: “Stell dir einen Soldaten vor, der in den Krieg zieht.”
Er sagte, sie könne für eine Woche am Anfang und für eine Woche am Ende meines Aufenthaltes kommen. Wenn man aber plant für zwei Jahre zu bleiben, dann wäre die Beziehung gleich am Anfang gescheitert. Aber ich flog trotzdem. Ich flog hinüber, kam in San Diego an und dann brach die Hölle los. Jemand hatte mit Sensei gesprochen und irgendeine Story fabriziert. Ich flog am nächsten Tag zurück. Das war’s dann für mich und Sensei. Ich konnte es nicht mehr ertragen, nicht so.
Wir kamen also wieder und ich eröffnete 2005 mein eigenes Dojo in Berstett. Von dort aus kehrte ich mit Kobayashi Sugawara nach England zurück. Dann wurde ich von einer Gruppe in Thessaloniki angesprochen, ob ich ihr Dojo leiten würde.
AJ: Von Alex…
Ja, Alex ist einer meiner Schüler. Ich habe einen Verein in Verdun, einen in La Claquette, dort ist ein dritter Dan der Lehrer; einen Schüler in London, der ein kleines Dojo betreibt. In England haben wir ein Haus-System, mit fünf Shihan oder Chef-Lehrern. Das funktioniert sehr gut. Seines ist das einzige mit zwei Häusern in einem und sie arbeiten gut zusammen. Meine Schülerin wurde im August der 5. Dan verliehen, während des Kagami-Biraki. Ich reise zweimal im Jahr nach London, es ist für mich wie eine zweite Heimat. Ich gehe gerne dort hin. Ich habe also meine eigene kleine Organisation in Tissiers Haus.
Wir sind hauptsächlich wegen der Versicherung Mitglied in diesem Dachverband. Als ich herkam, schloss ich mich zunächst dem FFAB an, weil Chiba-sensei das so wollte. Er bevorzugte Tamura-sensei vor Tissier. Er sagte wörtlich: “Tissier ist ein Gaijin.” Ich ging also zu Tamura. Ich muss zugeben: Ich liebe Tamura, ich liebe es für ihn Ukemi zu empfangen. Wenn er auf der Matte war, bin ich immer dicht hinter ihm geblieben, weil Chiba-sensei gesagt, man müsse die Techniken ‘stehlen’. Es geht nicht ums Lernen, man muss die Technik stehlen. Doch man kann Informationen nicht einfach so stehlen. Man muss es spüren und sehen. Bei einem Lehrgang mit Tamura-sensei hatte Tamura mich als Uke ausgewählt. Er zeigte seine ‘unbeugbarer Arm’- Übung. Und ich habe ihm dann zugeflüstert: “Sensei, sie schummeln schon wieder.” Und dann lachte er. Er war wirklich erstaunlich. Er wog vielleicht 55-60 Kilogramm, vielleicht weniger, doch er konnte sich so unglaublich schwer machen.
Von 1993 bis 1996 war ich in San Diego. 1995 sagte Sensei: “Ich lade Tamura-sensei nach Amerika ein. Es wird ein Seminar in San Diego stattfinden. Ich möchte, dass du mit Frank Abadacca nach Los Angeles fährst und ihn zu Pablo Vasquez bringst.” Er ist ein weiterer von Senseis erfahrenen Schülern, der sein Hauptquartier in Los Angeles hat. “Von dort werden du und Frank zurückfahren und Tamura-sensei fliegt dann später nach San Francisco/Berkeley. Lisa Klein, die damals mein Erzfeind war und mein bester Freund wurde, arbeitete für die New York Times, doch von San Diego aus. Sie sprach mit mir: “Ich möchte für die Aikido-Zeitschrift Sancho ein Interview schreiben, könntet ihr Tamura während der Fahrt einige Fragen stellen?” Ich sagte zu. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich tatsächlich zu ihrer Frage kam, doch ich fragte ihn: “Sensei, haben Sie irgendwelche Hobbys?” Er sagte: “Ja, ich sammle Frösche. Kleine Dekorfrösche, kleine Spielzeuge, Frosch-Stofftiere.” Ich fragte: “Warum?” “Als ich einmal in Japan einen Tempel besuchte, war ich sehr überrascht, weil zwar vor dem Tempel zwei große Löwen das Tor bewachten, doch im Tempel waren nur Frösche. Warum nur bewachen die Frösche den Tempel? Und dann fiel es mir ein! Die Frösche sehen alles aus zwei Perspektiven. Sie sehen die Dinge von vorne und - wenn sie springen - auch noch von oben.” Das war bevor ich nach Frankreich gezogen war. Er sagte: “Wenn wir ehrlich sind, dann gibt es viele Techniken im Aikido, die nicht praktisch sind.” Laut seiner Meinung war Koshi-nage die schlimmste, weil man selbst beide Hände benötigt und der Uke beide Hände frei hat. Er hasste diese Technik, aber sie war trotzdem Teil des Prüfungsprogramms. Aber er hat sie nie gefordert. In all den 20 Jahren, die ich bei ihm war, hat er vielleicht zweimal Koshi-nage üben lassen. Tamura ging also umher und zeigte Koshi-nage, ließ die Leute Koshi-nage bei ihm versuchen, aber dann blockierte er sie immer. Ich war zu der Zeit ein bisschen eitel. Ich war 27 Jahre alt, schlank, wegen Mrs. Chibas gesunder Kochweise. Ich soll Koshi-nage ausführen, er sperrt sich, dann senke ich mich noch ein wenig ab und hebe ihn an und ich sehe, wie sich seine Füße gerade eben von der Matte abheben. Ich hätte ihn niemals geworfen, aber ich hob ihn hoch. Shibata-sensei und Chiba saßen am Rand der Matte und ihr Gesichter waren weiß geworden. Ich dachte: “Hoppla” und setzte ihn wieder ab. Sensei sagte: “Ah, du hast also früher Judo trainiert.” Ich sagte: “Ja, Sensei.” Er sagte: “OK, gut.” Dann rief er mich für Ukemi auf dann Bam-Bam-Bam-links-rechts.
Ich habe so viel Glück gehabt. Ich habe zum Beispiel dreimal Doshu getroffen. Das erste Mal, als er noch Waka-sensei war. 1992 wurde er nach England eingeladen, das war in dem Jahr, bevor ich nach Amerika ging. Ich habe zweimal Ukemi von ihm empfangen. Ushiro-ryotedori Sankyo und Kokyu-ho. Das zweite Mal traf ich ihn 2005, als ich das Honbu-Dojo besuchte. Er war sehr freundlich, begrüßte mich: “Sie sind von Chiba-senseis Schule, nicht wahr?” “Ja, Sensei, nun nicht mehr, aber ja.” Das dritte Mal traf ich ihn zu den Feierlichkeiten von Tissiers 30-jährigem Jubiläum. War das 2002? Es war in Paris. Ich war mit allen aufgereiht und er kam zu mir, schüttelt mir die Hand und fragte mich: “Wie geht’s?” Es war ein wenig seltsam, vielleicht habe ich einfach so ein Allerweltsgesicht. Bei seinem Sohn war es das Gleiche. In dem Jahr nachdem Tamura verstarb kam er zu einem Lehrgang nach Paris. Es gab auch einen in Südfrankreich, aber ich konnte nur den in Paris besuchen. Ich brachte einige meiner Schüler mit. Wir müssen diese Sache unterstützen, er wird einmal der Anführer des Aikido weltweit sein.” Sein Unterricht war schön klar. Sein erster Kommentar und Ratschlag war - und er sagte dies auf Japanisch und sein Übersetzer sagte: “Bitte machen sie genau das nach, was ich zeige. Bitte sprechen sie nicht während des Trainings. Bitte beenden sie die Übung, wenn ich ‘Stop’ sage.”
Nur diese drei Regeln, aber wie oft musste er ermahnen. (Zeigt ein Bild) Dieses Bild zeigt Sensei 1989 in Warminster zum 30. Jubiläum seiner Verbindung nach England; es war nicht sein 30. Jahr in England, denn er hatte England zwischendurch wieder verlassen, um wieder in Japan oder den USA zu leben, aber er hat immer die Verbindung aufrechterhalten. Wie man sieht ist auf dem Bild meine Hand bandagiert. Er hat mich während der Demonstration aufgerufen: “Bokken! Du weisst was wir machen!?” “Nein.” (Grunzlaut). “Verstehst du?” “Nein, tut mir leid, Sensei.” Ich ziehe eine Grimasse während ich versuche herauszufinden was er meint. “Verstehst du?” “Nicht wirklich.” Wir stehen uns also im Dojo gegenüber. Er hebt das Schwert, ich greife also an.
Und jetzt erst erkannte ich was er gesagt hatte: “Tauchen!” und im nächsten Moment sauste das Bokken knapp an meiner Nase vorbei. Ich stand wieder auf, wir führen die Sancho-Jo kata vor, dann nimmt er ein Shinai und macht kiri-otoshi. Mein Hand schlägt auf den Boden. Und ich dachte: “Oh je, das ist gebrochen.” Wir beenden die Demonstration und ich sagte: “Ich muss ins Krankenhaus.”
Es tat nicht sehr weh. Im Krankenhaus haben sie eine Röntgenaufnahme gemacht. Es war gebrochen. Jeder Finger sah aus wie ein Baum. Man sah den Knorpel, der unter dem jahrelangen Waffentraining gesplittert war.
Dieser Mann gab einfach alles. Ich vermisse ihn.
Er hat einige seiner Schüler zu großartigen Lehrern ausgebildet. Was ich sehr interessant fand, in Amerika waren 70% seiner Schüler Frauen, starke Frauen. Janet Clift ist einfach erstaunlich, es ist unglaublich. Wir werden alle älter und nehmen zu. Als sie aus San Diego zurückkam, lud ich sie in mein Dojo ein. Sie war sehr leicht, aber als wir Kaiten-nage und Tai-no-henko geübt haben, hat es mich erstaunt wie viel Gewicht und Kraft diese kleine Frau einsetzen konnte. Das finde ich so faszinierend am Aikido.
Ich würde gerne das Internet zerstören, wenn ich ehrlich bin. Das Internet schadet dem Ruf des Aikido. Ein Freund von mir und ich haben uns einen Videoclip von einem sogenannten Aikido- Lehrer angesehen - ich denke, er war Amerikaner, ich erinnere mich nicht an den Namen. Er sagte, er habe 13 Jahre Aikido-Erfahrung. Er trat gegen einen MMA-Ringer an und er kommt recht gut zurecht. Und dann sagte der Aikido-Mann: “Ich habe versucht sein Handgelenk zu packen.” Und ich dachte: “Warum sollte er das Handgelenk greifen wollen? Die Aikido- Prinzipien sind schon verletzt.” Wer ringen will, macht kein Aikido.
Natürlich üben die Leute Aikido aus unterschiedlichen Gründen und das wird sich auch niemals ändern. Aber Sensei sagte oft zu mir: “Du wirst zwei Arten von Schülern haben: da sind zum einen die Mitglieder, die gesund bleiben wollen und sich bewegen wollen. Aber deine Schüler, die sind diejenigen, denen du die Kunst übermittelst, die sie erben werden. Als ich nach London ging, sagte er zu mir: “Du musst sie treten, du musst sie anschreien, aber du darfst sie niemals brechen. Du musst sie schmieden [wie Eisen].”
Es ist wirklich eine Schande. Es gibt heute so viele Leute, die sich für Lehrer halten, und die niemals durch eine harte Schule gegangen sind.
Leute kommen ins Dojo. Sie fragen: “Wie lange dauert es, bis ich meinen Schwarzen Gürtel bekomme? Wie lange dauert es, bis ich mich verteidigen kann?” Ich antworte: “Ich weiß es nicht. Ich kann diese Frage nicht beantworten. Schwarzgurt: Vielleicht drei, vielleicht fünf Jahre, es kommt darauf an, wie oft du trainierst. Dich verteidigen: Nicht mal ich weiß, ob ich mich auf der Straße verteidigen könnte. Dafür machen wir es nicht.”
Chiba-senseis Stil war recht anwendungsorientiert, er nutzte viele Atemi. Viele Lehrer verzichten heute auf Atemi, obwohl es Teil der Kunst ist. Es ist wie ich sagte, die Kunst wird verwässert. Er [Chiba] hatte seine Waffentechniken von Saito, doch er wollte etwas Eigenes daraus machen.
Aus Saito-senseis 21-Schritt Jo-Suburi hat Chiba Partner-Suburi gemacht. Es gab 36 Techniken. zwölf Techniken Kesa, zwölf Techiken mit dem Jo, zwölf Techniken aus Shomen. Manche sind in den drei Kategorien identisch, andere aber nicht, falls es unpraktisch ist. Es gibt dann zwei Begegnungen, während derer man zuerst angreift. Daraus hat er dann Sancho entwickelt, die 31-Schritt Kata-Partner-Übung; dann die zweite Sancho und die dritte Sancho. Dort wird dann mit Jo gegen Bokken gearbeitet. In diesem Sinne ist das System nicht linear. Er sagte: “Es muss organisch sein, man soll lernen sich zu bewegen.”
Ich lerne das Material von Saito-sensei nun erneut. Ich möchte es nicht verlernen. Zuerst mochte ich es nicht, wie ich zugeben muss, nachdem ich Senseis Aikido geübt hatte. Ich versuche es ein kleines bisschen zu verändern, so dass es besser zu Senseis Dynamik passt. Ich nehme Saito-senseis Grundform und füge dann meine eigene Dynamik hinzu. Wir müssen die Körpermechanik beherrschen, so dass wir uns effizient bewegen können, dürfen dabei aber nicht mechanisch werden.
Ich wurde nach meiner Unterrichtsmethode gefragt. Mir wurde gesagt, ich sei ein guter Lehrer. Aber es ist schwierig. Ich kann nicht einfach sagen: “Stell deinen rechten Fuß dahin und deinen linken Fuß dahin.” Ich denke, man muss es spüren. Wie werde ich angegriffen? Wie soll man erklären, was man fühlt und es dann jemandem beibringen? Das ist wirklich schwierig. Sensei hat mir niemals etwas mit Worten erklärt. Ich habe ihn wirklich vergöttert, selbst wenn er böse war. Er war mein bester Lehrer. Er gab mir soviel, er hat mir soviel vermittelt, durch den körperlichen Kontakt, durch Ukemi. Es hat mich sehr verletzt, dass - als wir uns überworfen hatten - all die Video von uns im Internet entfernt wurden.
Bei einer Prüfung während eines Trainingslagers war Sensei unzufrieden mit dem Tanto-dori. Die Tantos, die Sensei verwendete, waren immer ziemlich lang. Er sagte immer: “Sie müssen so lang sein wie dein Unterarm.” Er rief mich auf. Suwari-waza Shomen-uchi mit Tanto. Er zeigt, wie man am Ellenbogen schneidet, er macht Ikkyo und kontrolliert den Unterarm mit dem Tanto ohne das Handgelenk zu fassen. Er kontrolliert den Ellbogen, wir stehen auf. Ich soll Shomen angreifen, er macht Tai-no-henko, kontrolliert immer noch mein Ellenbogengelenk, das Tanto liegt nun auf meinem Handgelenk. Ich versuche aufzustehen. Sensei sparte gerne Energie. “Steh auf, steh auf.” Dann machte es: Plop!
Es schmerzte nicht sehr, aber dieses Geräusch, das es gemacht hatte. Ich dachte: “Oh mein Gott, das fühlt sich nass an.” Gabriel rief: “Sensei, Sensei!” Sensei fragte mich: “Geht es dir gut?” Überall war Blut, das Blut floss. Sensei sagte: “Runter von meiner Matte.” Ich lief von der Matte. Die Übungshalle in Labaroche ist eine große Turnhalle in einer Schule. Ich lief zu dem Erste-Hilfe-Tisch, dort bin ich zusammengebrochen. Zwei oder drei Leute haben mir auf einen Stuhl geholfen und haben mir etwas in die Nase gestopft. Überall auf meinem Anzug war Blut. The said I need to go get an X-ray. I said I don’t need that, I know it’s broken, the are going to put a small cast on my nose.
Mir wurde gesagt ich solle mich röntgen lassen, doch ich verzichtete. Ich wußte schon, dass die Nase gebrochen war und sie meine Nase nur schienen würden.
Wir saßen dann im Auto, ich fuhr Sensei zu seiner Wohnung. Er lächelte in seiner üblichen witzigen Art. Noberto Chieasa, einer seiner Schüler aus dem Süden, saß mit uns im Wagen. Er fragte mich: “Geht es dir gut, Steven? Ich kann das Steuer übernehmen…” Und Sensei sagte: “Es geht ihm gut. Jetzt kann er endlich wieder atmen. Er hatte die ganze Woche eine verstopfte Nase, deshalb ich sie für ihn befreit.”
Bei meinem letzten Besuch in England war es nicht schön zu sehen, dass meine alten Freunde alle gesundheitliche Probleme haben. Knieschmerzen, Hüftschmerzen. Einer meiner engen Freunde, Peter Brady, 7. Dan Shihan, hat nur noch 50% Lungenkapazität. Ich hätte das niemals erwartet, da er nicht rauchte. Es ist auch nicht Krebs. Er hat 50 Jahre lang Aikido trainiert.
AJ: Was denken Sie über die Zukunft des Aikido?
Die Frage ist: Gibt es eine Zukunft? Aikido wird im Internet so übel dargestellt.
AJ: Der Verband FFAB hat viele Mitglieder verloren…
Die sind ja nicht wirklich weg. Sie sind nur jetzt in FFAAA. Ich habe mit einem anderen Lehrer des FFAAA zusammengearbeitet, Malcolm Tiki Shawan und seiner Gruppe, dem Mototukai. Seine Gruppe folgt Yamada-sensei. Der Leiter der Gruppe in Europa ist Stephan Benedetti. In Frankreich gibt es Vereine beider Föderationen, die trotzdem Mitglied im Motukokai sind. Als sie diese Gruppe gegründet haben - zu der auch Paul Muller gehört - haben sie auch mich gefragt, ob ich zu ihnen kommen möchte.
“Ich weiß nicht, ob ich das will,” hatte ich gesagt, “Paul, ich glaube, dass ich es schon richtig gemacht habe. Alle meine Grade sind in Japan registriert, ich bin einem japanischen Lehrer gefolgt, bis zum Shodan. Ich bin in dieser Organisation Fuku-shidoin. Jetzt komme ich nach Frankreich und soll alle meine japanischen Urkunden von der französischen Regierung bestätigen lassen und auch noch für die Übersetzung bezahlen?”
AJ: Das Honbu-Dojo des Motokukai ist jetzt in Spanien.
Ach, in Spanien?! Ich dachte, sie sind in Italien. Hatten sie sich nicht Benedetti angeschlossen? Ist er in Spanien? Ich kenne mich nur in Frankreich aus. Malcolm, Dominique Pierre, Pascal Klaeger… Paul sagte mir, Tiki wolle auch die japanischen Grade benutzen, das heißt, die japanischen Prüfungen vor den französischen. Ich antwortete: “Das tue ich schon so.” Die Föderation hat mir gesagt, ich mache es verkehrt, meine Schüler sollten zuerst die französischen Grade erwerben und dann die des Aikikai. Für die Kyu-Grade handhabe ich das auch so. Aber danach machen wir Aikikai-Graduierungen. Wenn jemand die französischen Prüfungen ablegen will, ist das auch möglich, aber für mich ist der Aikikai wichtiger.
Ich arbeite mit den Gruppen in England zusammen, wir sind wie Geschwister-Gruppen. Gordon Jones, 7. Dan, der Leiter der Gruppe, sagte mir: “Jetzt hast du den 6. Dan aus Japan und kannst selbst die Prüfung zum Yondan abnehmen; du brauchst uns nicht mehr.” Wir arbeiten immer noch mit den englischen Gruppen zusammen, wie Geschwister. Ich antwortete: “Ja, vielleicht. Aber ich möchte es gerne innerhalb unserer Gruppe abwickeln, ich möchte es in der Gruppe machen, in der ich angefangen habe.” Und es gibt noch einen Bonus: Kobayashi überwacht die Prüfungen.
Im Oktober gehe ich mit Kobayashi und Horii-sensei nach Plovdiv in Bulgarien. Das wird eine interessante Mischung, weil ihre Stile so unterschiedlich sind. Hori-sensei war in Deutschland als Chiba-sensei ihm während seines Abschiedslehrgangs ein Bokken schenkte und sagte, er gebe es seinem Nachfolger. Ich mag Hori, ich habe mit ihm trainiert. Aber er hat seinen Stil verändert. Als ich Hori das erste Mal begegnete, das war in Bulgarien, leitete er dort einen Lehrgang.
AJ: Wie bist du zu ihm gekommen?
Ich war mit meinem Aikido-Stil unzufrieden und wollte mich verändern, deshalb kam ich zu Chiba-sensei. Ich kann Chiba-senseis Einfluss erkennen, die Mechanik, die Haltung, etc. – ich will nicht in Schwierigkeiten geraten – aber es fehlt ihm noch das Chiba-hafte. Ich meine das nicht im negativen Sinne, er hat schon die Statur von Chiba und das Auftreten. Aber was mir fehlt ist die Dynamik.
Ich sage oft zu meinen Schüler: Verschwendet keine Zeit. Wenn ihr fünf Minuten verschwendet, dann sind dies nicht nur fünf Minuten eurer Zeit, sondern auch meiner Zeit, fünf Minuten von jedem auf der Matte. Das summiert sich. Man muss sich während des Trainings wirklich konzentrieren.
Als ich das letzte Mal in Kyoto war, verbrachte ich fünf Tage im Dojo von Okamoto-sensei. Es war fantastisch. Horii-sensei richtete für Okamoto ein eintägiges Seminar aus. Es war toll im zentralen Dojo, ist das der Kodokan? Da waren fünf oder sechs verschiedene Lehrer. Hori kam heraus und wählte mich als Uke. Dann sollte Kumitachi dran sein. Ich liebe das Kumitachi, aber Chiba-senseis Kumitachi war etwas anders. Sensei sprach oft über Waffen: “Das Geheimnis der Waffen liegt in Musubi.” Das ist das Zusammenkleben der Waffen. Man hat dann Zeit nachzudenken.
Wir versuchen Okamoto-sensei einzuladen. Ich weiß, dass sie jedes Jahr nach Deutschland kommt. Sie wird von einer Gruppe in Freiburg eingeladen. Wenn sie das nächste Mal kommt, werde ich versuchen sie hierher einzuladen, es ist nicht so weit. Sie wäre für die frazösische Aikido-Community eine attraktive Lehrerin, als Frau und auch noch hoch graduiert.
Interessant an ihr ist, dass sie sowohl bei Chiba-sensei, als auch bei Tissier gelernt hat. Ich kann beide Stile in ihrem Aikido erkennen.
In meinem Dojo gibt es zwei Schriftrollen. Die eine bedeutet “Das lebenspendende Schwert”. Die andere, “Sakumikan”, bedeutet “Schule des durchdringenden Lichts” oder “des leitenden Lichts”. Es kann auch “Leuchtturm” bedeuten. Sensei hat es für mich übersetzt. Er hat das Kanji auf dem Kamiza für mich während eines Sommer-Seminars geschrieben. Ich habe für ihn die Tusche hergestellt. Ich habe die Miniatur geschrieben. Ich habe zwei gemacht, die kleine Kalligraphie auf dem Kamiza ist von mir.
Im Dojo war die Teilnahme am Kalligraphie-Unterricht verpflichtend, als ich dort lebte. Chiba-sensei hat Watanabe-sensei eingeladen. Sie war ein 8. Dan in Shodo. Sie war eine sehr kleine Person, vielleicht 4'3 oder 4'4. Wir haben vor dem Kamiza dann einen kleinen Tisch aufgebaut. So groß wie eine Bierkiste. Davor waren dann in zwei Reihen die Tische der Schüler aufgebaut, die am Unterricht teilnahmen. Chiba hatte auch einen Tisch, weil er auch ihr Schüler war.
Beim ersten Termin wusste ich noch nicht, dass ich teilnehmen musste. Der Unterricht fand jeden Samstag statt, wenn ich normalerweise an den Strand von San Diego ging. Mitsuko, Chiba-senseis Frau sagte dann zu mir - es war irgendwie lustig, wie sie mit mir sprach: “Steve, du weisst, dass heute Unterricht ist…” Und sie sagte es so, dass ich wusste, dass sie eigentlich meinte: “Du solltest da sein…”
“Unterricht? Was für ein Unterricht?”
“Japanische Schrift, das ist Unterricht.” Ich gehe also zum Unterricht. Ich saß neben Kano, seiner Tochter, die schon vor langer Zeit das Aikido aufgegeben hat. Ich hasste den Unterricht. Ich musste eine Eins schreiben. Ich habe nicht an sehr vielen Stunden teilgenommen, denn bald darauf starb sie. Sensei war bestürzt. Ich hatte vielleicht zehnmal Unterricht in Kalligraphie und ich bin nie über ICHI hinweggekommen.
AJ: Die Zukunft des Aikido…
Die Zukunft des Aikido, naja, das Problem ist, dass Leute wie ich die Verantwortung haben, das weiterzuführen, was wir schon seit vielen Jahren üben: Wir versuchen unsere engsten Schüler auszubilden, das fehlt heute im Aikido, darum sorge ich mich um die Zukunft. Es mangelt an den Lehrer-Schüler-Verhältnissen. In Japan gibt es das noch zu einem gewissen Grad, doch es ist kommerzialisiert worden. In allen anderen Ländern muss das System wieder eingeführt werden. Die Schwierigkeit ist: Aikido kann im Wettbewerb mit all den anderen Kampfsystemen, die schnelle Ergebnisse erlauben, nicht konkurrieren. Zum Beispiel Krav Maga oder MMA; sie alle vermitteln schnell Erfolgserlebnisse. Und darin besteht das Problem für das Aikido: Schnelle Ergebnisse können wir nicht bieten.
In der heutigen Zeit soll immer alles “sofort” verfügbar sein. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Ich bin besorgt deswegen. Aikido wird es zwar immer geben, es wird nicht verschwinden, aber es wird in gewisser Weise immer durchsichtiger werden. Es leidet unter der Art und Weise, wie es im Internet dargestellt und verfälscht wird. Ich beobachte Kampfkunst-Lehrer und Selbstverteidigungsexperten oder wie sie sich auch immer nennen mögen, die mal ein paar Stunden Aikido nehmen und dann in ihren Blogs Artikel darüber schreiben, “warum Aikido nicht funktioniert”. Ist das ein Problem der Lehrer, bei denen sie unterrichtet wurden? Oder ist es vielleicht doch eher ein Ego-Problem auf ihrer Seite. Ich behaupte nicht, dass Aikido überhaupt ein Kampfsystem ist. Darum ging es O-Sensei nicht. Er sagte: “Es kann effektiv sein.” Aber die Umstände müssen stimmen. Die Leute fragen immer: “Was muss man machen, wenn der Angreifer so-oder-so macht?” Was dann, was dann? Man kann nicht immer antworten, was dann passiert. Diese Fragen sind unbeantwortbar. Vielleicht muss man auch mal weglaufen, der Konfrontation aus dem Weg gehen. Und das ist das Problem. Alle diese Aikido-Publicity-Stunts beeinflussen die Zukunft des Aikido auf negative Weise, weil immer nur negativ über das Aikido gesprochen wird.
Als ich mit dem Judo angefangen habe, war dies traditionelles Judo. Ich habe an meinem ersten Wettkampf teilgenommen als ich 22 war. Wir haben zwar Randoris gemacht und Wettbewerbe zwischen Schulen, aber nichts darüber hinaus. Man verbeugt sich, man geht auf seinen Partner zu und versucht die Anzugjacke zu greifen.
Man geht in Jigatai, ayumi-ashi, man geht über die Matte, bringt eine Technik an, versucht seinen Partner zu erwischen.
Mein erster Judo-Lehrer sagte: “Judo ist 70% Tachi-waza und 30% Bodentechniken.” Jetzt ist es umgekehrt. Alle wollen immer gleich auf den Boden. Ich habe letzte Woche die Judo- Meisterschaften geschaut – bitte verstehen Sie mich nicht falsch, da waren ein paar tolle Techniken dabei –, aber selbst die Punktevergabe: Da wird geworfen, sie landen auf den Knien und dann gibt’s schon einen Wazaari. Na gut, es gibt heute nur Ippon und Wazaari, aber früher wurde Wazaari nur gegeben, wenn man klar auf der Seite landete. Das ist es was ich meinte: Es wird immer mehr verwässert und verwässert und verwässert. Es passiert überall. Hat das Aikido eine Zukunft? Ich hoffe es, doch - wie ich sagte - ich bin besorgt. Tissier ist mit seiner zweiten Schülergeneration gut etabliert, wie zum Beispiel Michel Erb, sie alle haben ein hohes Niveau und stärken die Organisation. Es existiert ein starkes Fundament, nu falls ihm mal etwas passiert. Ich kann nur - Hand aufs Herz - sagen, dass ich versuche das Aikido zu unterrichten, das ich von meinen Lehrern gelernt habe; meinem ersten Lehrer und meinem zweiten Lehrer Chiba-Sensei und all den anderen Lehrer von denen ich gelernt habe. Ich habe mit Kobayashi darüber gesprochen. Über den Mangel an Suwari-Waza. In vier oder fünf, höchstens zehn Jahren, wird es dann noch Suwari-waza geben? Wird es Hanmi-hantachi noch geben. Das ist die Entwicklung. Erst kam O-Sensei, dann Kisshomaru. Er soll gesagt haben, dass Waffenunterricht nicht zum Aikido gehört. Doch wenn das stimmt, warum wird dann gefordert, man solle einen Angreifer, der mit Jo oder Bokken angreift, entwaffnen können. Um dies zu bewerkstelligen, muss man diese Waffen ein klein wenig studiert haben. Das ist das Problem. Darum haben die Schüler Probleme wenn man sie zu Jo-tori oder Ken-tori auffordert. Ich habe das mit Kobayashi besprochen. Er sagte, dass manche Lehrer mit Waffen arbeiten, aber sie tun dies außerhalb des Honbu-Dojos. Im Hombu ist es nicht möglich. Wenn man gesunde Knospen abschneidet, wie sollen sie jemals blühen? Und Unkraut lassen wir auch noch zu.
AJ: Das liegt an der Regierung.
Das ist das fundamentale Problem mit Aikido in diesem Land. Ein großes Problem.
AJ: Tamura hat das auch gesagt.
Tamura-sensei hätte sich von Anfang an dagegen wehren müssen. Ich glaube, dass er sich darum nicht gekümmert hat, weil er von der Föderation bezahlt wurde. Doch Tissier ist zwar bei seiner Organisation angestellt, doch es ist seine Organisation. Er hätte etwas unternehmen können.
Und jetzt haben sie eine höhere Ausbildung geschaffen, das DJEEPS.
AJ: In Europa ist das verboten. Frankreich ist das einzige Land, in dem es das gibt.
Ich habe zu meinen Schülern gesagt: “Es ist eure Entscheidung. Wenn ihr die französischen Grade wollt, dann ist das kein Problem. Ich bevorzuge die Aikikai-Grade. Wenn man einen Aikikai-Pass hat, dann kann man in jedes Land auf der Welt reisen und es gibt keine Fragen. Ich behaupte nicht, dass der französische Shodan weniger Wert ist, aber man muss sich fragen: Soll mein Grad nur in meinem Land anerkannt sein oder weltweit?
Alles was sie tun ist davon durchsetzt. Sie sind nicht glücklich, bis sie einen Verwaltungsakt daraus gemacht haben. Ich hatte großes Glück. Ich bin nach Reichstett gezogen. Der Bürgermeister von Reichstett, George Schueler, war sehr an Kampfkunst interessiert, besonders an Aikido. Er hat Chiba getroffen, als der 1969 oder 1972 in Frankreich war. Er kennt auch Paul Muller. Er war früher Sportlehrer. Didier sagte zu ihm: “Wir haben die Möglichkeit einen Schüler von O-Sensei einzuladen. Wäre es Ihnen recht, wenn wir ihn einladen?” “Ja, sicher, nur her mit ihm.”
Wir mussten nichts dafür bezahlen, keine Gebühren. Vor zwei Jahren sagte ich zu ihm: “Herr Schueler, wir brauchen Ersatz für drei oder vier Matten.” Er sagte: “Kein Problem, schickt mir einfach den Kostenvoranschlag.” Zwei Wochen später hatten wir hundert neue Matten. Er hat alle ersetzen lassen. In diesem Sinne haben wir wirklich Glück. Aber wir sind nur eine kleine Gruppe.
Es ist schwierig Menschen zu finden, die das Aikido als System lernen wollen. Das Schlimmste sind diejenigen, denen es am Anfang leichtfällt, weil sie so schnell das Interesse verlieren. Die Talentierten lernen etwas, begreifen es und dann hören sie wieder auf, weil sie sich langweilen.
Copyright © der deutschen Übersetzung: Stefan Schröder 6.2.2018